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BTHG-Kompass 4.3

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.3

Hilfegewährung bei jungen Volljährigen

Wenn eine stationäre Hilfegewährung nach § 41 SGB VIII bei einem junge Volljährigen nicht mehr zielführend ist, z. B. weil aufgrund der seelischen Behinderung keine Fortschritte in der Verselbständigung erreicht werden können, ist das Jugendamt dann zur Weiterleistung der Hilfe bis zur Fallübernahme durch die Eingliederungshilfe SGB IX verpflichtet? Falls ja, aufgrund welcher Vorschrift und besteht hier ein Kostenerstattungsanspruch?



Antwort:

Hilfegewährung bei jungen Volljährigen

1. Leistungsvoraussetzungen SGB VIII  und SGB IX:

Zunächst ist festzuhalten, dass in der geschilderten Situation die Leistungsvoraussetzungen der Eingliederungshilfe für junge Volljährige mit seelischer Behinderung nach §§ 41, 35a SGB VIII nicht mehr erfüllt sind und dadurch der Leistungsanspruch entfallen ist. Der behinderungsbedingte Hilfebedarf ist jedoch unverändert vorhanden und die Leistungsvoraussetzungen des § 99 SGB IX sind erfüllt. Demnach besteht ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB IX. Eine Leistungskollision zwischen beiden Leistungsgesetzen besteht nicht, die Anwendung der Kollisionsregeln in § 10 SGB VIII ist demnach ausgeschlossen. Voraussetzung dafür wäre, dass bei beiden infrage stehenden Leistungen ein Leistungsanspruch besteht (vgl. grundlegend: BVerwG 23.9.1999 – 5 C 26/98). Insofern wechselt die sachliche Zuständigkeit vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Träger der Eingliederungshilfe.

2. Unterschiedliche Organisation der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe:

In manchen Bundesländern sind der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe organisatorisch der gleichen juristischen Person des öffentlichen Rechts zugeordnet (z.B. in BW den Land- und Stadtkreisen). In dieser Konstellation gilt die juristische Person des öffentlichen Rechts als ein Rehabilitationsträger (LSG Niedersachsen-Bremen 29.10.2015 – L 8 SO 122/12). Daher ist eine Fallübergabe unproblematisch möglich, da es sich dabei lediglich um eine interne Verschiebung der Zuständigkeit von einer Organisationsationseinheit zur anderen Organisationseinheit, ohne Wirkung im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten, handelt. Die Organisationseinheit „Träger der öffentlichen Jugendhilfe“ muss bis zur Fallübergabe weiterleisten. Kosten sind lediglich im Rahmen der internen Verrechnung zu erstatten, ohne Anwendung der allgemeinen Kostenerstattungsregeln des SGB IX und X.

In Bundesländern mit Zuordnung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe zu unterschiedlichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gestaltet sich die Situation schwieriger (z.B. in Nordrhein-Westfalen oder Bayern). Hier ist von unterschiedlichen Rehabilitationsträgern auszugehen. Regelmäßig ist im geschilderten Sachverhalt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe der leistende Rehabilitationsträger im Sinne des § 14 SGB IX. D.h. der Rehabilitationsträger der anhand der Instrumente der Bedarfsermittlung den Rehabilitationsbedarf feststellt und die Leistungen erbringt (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX), insofern ist der leistende Rehabilitationsträger verfahrensrechtlich zuständig. Das BSG (28.11.2019 - B 8 SO 8/18 R) geht davon aus, dass diese Zuständigkeitszuweisung im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten auch nach dem Wechsel der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit bestehen bleibt, dies gilt selbst dann, wenn der leistungsbewilligende Bescheid seine Wirksamkeit verliert, soweit der Rehabilitationsbedarf unverändert besteht und es sich damit um ein einheitliches Rehabilitationsgeschehen handelt (zur abweichenden Haltung bei Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vgl. BVerwG 22.06.2017 - 5 C 3.16). Der VGH München (30.07.2018 - 12 ZB 18.175) ist der Auffassung, dass die nach § 14 SGB IX begründete verfahrensrechtliche Zuständigkeitszuweisung (sachlich und örtlich) besteht, solange sich keine wesentlichen Änderungen des Hilfebedarfs ergeben, sodann sei von einem einheitlichen Leistungsgeschehen auszugehen. In diesen Fällen lösen Anträge (Folge- oder Verlängerungsanträge) nicht erneut die Fristen des § 14 SGB IX aus und die Zuständigkeitszuordnung bleibt bestehen. Nach einer Entscheidung des VG Stuttgart (28.04.2020 - 9 K 5941/19) liegt eine wesentliche Änderung des Rehabilitationsbedarfs zum Beispiel vor, wenn ein Wechsel von Hilfe zur Entwicklung der Persönlichkeit zu Ausbildungshilfe erforderlich wird, dann wird die Weiterleitungsfrist in Gang gesetzt. Vorliegend bleibt der Rehabilitationsbedarf gleich, es bedarf weiterhin einer stationären, behinderungsbedingten Unterbringung des jungen Menschen. Folgt man den aufgezeigten Grundsätzen, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe als leistender Rehabilitationsträger, ohne erneuten Antrag in der Weiterleistungsverpflichtung. Gleiches gilt bei einem Folgeantrag, da sich der Rehabilitationsbedarf nicht wesentlich geändert hat.

3. Kostenerstattungsanspruch

Die Kostenerstattung würde durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Grundlage von § 105 SGB X als sachlich unzuständiger Träger erfolgen. Eine Fallübernahme ist allerdings nach Auffassung des BSG (01.03.2018 - B 8 SO 22/16 R) im Anwendungsbereich des § 14 SGB IX ausgeschlossen. Der VGH München hat in einer früheren Entscheidung (07.10.2013 - 12 B 11.1886) einen Anspruch auf Fallübernahme im Zusammenhang mit einem bestehenden Kostenerstattungsanspruch bejaht. In der Praxis ist in diesen Fällen eine Fallübergabe jedoch üblich. Der Gesetzgeber scheint sich der Entwicklung der Rechtsprechung nicht bewusst zu sein, da § 36b Abs. 3 SGB VIII (in der Fassung des inoffiziellen Entwurfs des KJSG) Übergangsregelungen für den Fall des Zuständigkeitsübergangs von der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII in die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX enthält. Dieser Befund wird untermauert, durch die, mit Reformstufe 2 des BTHG eingefügte Ergänzung in § 25 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX, wonach die Rehabilitationsträger verantwortlich sind, dass die Rehabilitationsträger im Fall eines Zuständigkeitsübergangs rechtzeitig eingebunden werden. Nach der Gesetzesbegründung stellt die Ergänzung klar, dass die Verantwortung der Rehabilitationsträger bei der Zusammenarbeit im Sinne dieser Vorschrift auch den Trägerübergang bei einem Zuständigkeitswechsel umfasst, wie er zum Beispiel an der Schnittstelle zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe altersbedingt regelmäßig stattfindet (BT-Drs. 18/9522, 243). Der Gesetzgeber scheint insofern von der Zulässigkeit eines Zuständigkeitsübergangs zwischen den beiden Leistungssystemen auszugehen.

 

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Zuständigkeit bei Umzug der leistungsberechtigten Person

Gemäß §98 SGB IX ist der Träger der Eingliederungshilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung hat. Diese Zuständigkeit bleibt selbst dann bestehen, wenn der Leistungsberechtigte umzieht, und zwar bis zur Beendigung des Leistungsbezuges. Das heißt also, wenn der Leistungsberechtigte im März 2021 beispielsweise von Hessen nach Bayern zieht und in 01/21 eine ambulante Hilfe für das erste



Antwort:

Zuständigkeit bei Umzug der leistungsberechtigten Person

Die Zuweisung der örtlichen Zuständigkeit nach § 98 Abs. 1 SGB IX lässt nur unter engen Voraussetzungen einen Zuständigkeitswechsel zu. Die Rechtsprechung des BSG (28.11.2019 - B 8 SO 8/18 R) zu § 14 SGB IX geht noch weiter und stellt fest, dass die Zuständigkeitszuweisung nach § 14 SGB IX im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten auch nach dem Wechsel der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit bestehen bleibt, soweit der Rehabilitationsbedarf unverändert besteht und es sich damit um ein einheitliches Rehabilitationsgeschehen handelt (zur abweichenden Haltung bei Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vgl. BVerwG 22.06.2017 - 5 C 3.16). Für die Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergibt sich die örtliche Zuständigkeit jedoch ausdrücklich aus dem SGB VIII (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IX). In der praktischen Umsetzung kann diese Problematik über Amtshilfe nach §§ 3 ff. SGB X gelöst werden. Außerdem könnte möglicherweise über eine Autftragswahrnehmung nach § 88 SGB X durch die andere Behörde nachgedacht werden. Für die Aufgaben der Jugendhilfe und der Sozialhilfe (usw.) ist dies nicht zulässig (§ 88 Abs. 1 S. 2 SGB X), die Aufgaben der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX sind seit der Schaffung der Träger der Eingliederungshilfe allerdings keine Aufgaben der Sozialhilfe mehr.

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Ausgestaltung des Leistungsbescheides

Seit längerem beschäftigen wir uns als Wirtschaftliche Jugendhilfe mit der Frage, wie bei der Bescheiderteilung die Ausgestaltungsformen (wie etwa bspw. eine Heimunterbringung oder das betreute Wohnen) als § zu beziffern sind. Bisher wurde in unseren Bescheiden eine Eingliederungshilfe in Form einer Heimunterbringung wie folgt angegeben: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gem. §§ 35 a, 34 Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) in Form einer Heimunterbringung. D. h. bei der Ausgestaltung der Hilfen verweisen wir hierzu auf die Hilfeformen gem. 27 ff. SGB VIII. Der § 35 a Abs. 2 Nr. 1-4 SGB VIII verweist ebenso auf die Ausgestaltungsformen der Eingliederungshilfe, benennt diese jedoch nicht konkret. Wie ist Ihre Einschätzung hierzu?



Antwort:

Ausgestaltung des Leistungsbescheides

Nach diesseitiger Auffassung ist beides möglich. Im Rahmen des § 35a SGB VIII kann nach Auffassung der Literatur auf das gesamte Spektrum der im Bereich der Hilfe zur Erziehung entwickelten Hilfeformen zurückgegriffen werden (Stähr in Hauck/Noftz, SGB VIII § 35a Rn. 37 mwN; von Boetticher/Meysen in FK-SGB VIII, § 35a Rn. 57). Sofern eine Unterbringung als Leistung zur Teilhabe an Bildung oder Leistung zur sozialen Teilhabe gewährt wird, könnte außerdem §§ 35 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. 112 bzw. 113 SGB IX verwendet werden.

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