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BTHG-Kompass 4.3

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.3

Eingliederungshilfe und Entlastungsbetrag

Pflegegeld als vorrangige Leistung
Bei gleichzeitiger Nutzung von Eingliederungshilfeleistungen (qualifizierter Assistenz) und der Nutzung des Entlastungsbetrages sowie Umwandlungsleistungen über die Pflegeversicherung erwartet die EGH, dass ebenfalls das restliche Pflegegeld zur Aufwendung der genutzten kompensatorischen Assistenzleistungen genutzt werden. Pflegegeld darf nicht als Einkommen gewertet werden und das Pflegegeld selbst vom Berechtigten eingesetzt werden. Trotzdem gibt die Eingliederungshilfe an, dass das Geld vorrangig zu nutzen oder der EGH auszuzahlen ist. Ist das gesetzlich irgendwo geregelt?



Antwort:

§ 91 SGB IX, welcher das Rangverhältnis der Eingliederungshilfe gegenüber anderen Sozialleitungsträger regelt, verweist in Abs. 3 auf den § 13 Absatz 3 SGB XI. Dementsprechend sind Eingliederungshilfeleistungen "im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig; die notwendige Hilfe in den Einrichtungen und Räumlichkeiten nach § 71 Abs. 4 ist einschließlich der Pflegeleistungen zu gewähren." Leistungen der Eingliederungshilfe werden folglich neben Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung und der Hilfe zur Pflege erbracht, wenn neben dem Pflegebedarf Teilhabeeinschränkungen bestehen. Leistungen der Eingliederungshilfe sind nicht vor- oder nachrangig. Vielmehr haben die beiden Leistungssysteme unterschiedliche Ziele: „Die Pflege dient vorrangig der Kompensation gesundheitlich bedingter Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, auch wenn dies dem Grunde nach aktivierend und rehabilitativ erfolgen soll. Die Leistung der Eingliederungshilfe sind umfassender; die fördern und fordern die volle und wirksame Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.“ (Gesamtkommentar SRB/Kuhn-Zuber SGB XI § 13 Rn4). Insoweit sind die Leistungen der Eingliederungshilfe weitreichender als die Leistungen zur Pflege.
Dies vorausgesetzt, kann der mit der Fragestellung angesprochene Fall einer möglichen wechselseitigen „Verrechnung" von Eingliederungshilfe und Pflege nur bei Zweckgleichheit von pflegerischen Betreuungsleistungen bzw. hauswirtschaftlichen Hilfen/Assistenzleistungen in eigener Häuslichkeit oder im engen häuslichen Bezug auftreten.
Ist dem so, wird die zuständige Pflegekasse mit Zustimmung des Leistungsberechtigten vom Träger der Eingliederungshilfe informiert; die zuständige Pflegekasse muss am Gesamtplanverfahren beratend teilnehmen, da deren Beteiligung für den Träger der Eingliederungshilfe für die Feststellung der Leistungen erforderlich ist  (§ 117 Abs. 3 SGB IX). Dies kann im Rahmen einer Gesamtplankonferenz (§ 119 SGB IX) geschehen.
Das Wunsch– und Wahlrecht der leistungsberechtigten Person bleibt unberührt und ist zu beachten (§ 13 Abs. 4 Satz 2 SGB XI). D. h., die leistungsberechtigte Person kann sich für die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen, für Pflegegeld oder eine Kombination beider Leistungen entscheiden. Ob sie im Rahmen ihrer Mitwirkung verpflichtet werden kann, überhaupt Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen, scheint umstritten[1].
 [1]  Janßen, Christina; Spellbrink, Wolfgang (2019): Sind Leistungsbeziehende der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen zur Beantragung von Pflegeleistungen verpflichtet? In: Sozialrecht aktuell 23 (4), S. 142–147.

Eingliederungshilfe und Entlastungsbetrag Downloads und Links

Eingliederungshilfe und Pflegegeld

In unserem Verein sind mehrere pflegebedürftige Behinderte, die ihre Assistenz nach dem Arbeitgebermodell organisiert haben. Diese beziehen sowohl Pflegegeld nach SGB XI (was vollständig auf ihre EGH-Leistung angerechnet wird) als auch gekürztes Pflegegeld nach § 63b, Abs. 5 SGB XII. Der zuständige Eingliederungshilfeträger scheint grundsätzlich nur ein Drittel des SGB XI-Pflegegeldes zu gewähren, obwohl im Gesetzestext ausdrücklich die Formulierung "bis zu ein Drittel" gewählt wurde. Dieses 1/3-Pflegegeld wird also auch Personen gewährt, die eine vierundzwanzigstündige Assistenz benötigen. 
Ist es legitim, Leistungsempfängern mit z.B. zwölfstündiger Assistenz denselben Betrag auszuzahlen? Müssten diese nicht im Rahmen despflichtgemäßen Ermessens 2/3 des für sie geltenden SGB XI-Pflegegeldes gewährt bekommen?



Antwort:

Eingliederungshilfe und Pflegegeld

Als Rechtsfolge sieht § 63b Abs. 5 SGB XII eine Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers über das Ob und die Höhe einer Kürzung vor; das Pflegegeld kann um bis zu zwei Drittel gekürzt werden. Grundsätzlich hat sich der Sozialhilfeträger von dem Ziel leiten zu lassen, Doppelleistungen möglichst weitgehend zu vermeiden. Eine Kürzung des Pflegegeldes nach § 64a SGB XII kommt daher vor allem in Betracht, wenn der Sozialhilfeträger die Kosten einer häuslichen Pflegehilfe übernimmt bzw. die Pflegekasse die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI gewährt. Wird die Pflege dagegen (auch) von Pflegepersonen aus dem privaten Umfeld der Pflegebedürftigen durchgeführt, ist als wesentliches Ermessenskriterium aber auch die Zwecksetzung des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII, nämlich die Erhaltung der Pflegebereitschaft der Pflegeperson, zu beachten. Es kommt daher darauf an, inwieweit die anderen gewährten Leistungen den Zweck des Pflegegeldes, die Pflegebereitschaft anderer Personen aufrechtzuerhalten und anzuregen, überflüssig gemacht haben. Hierbei sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die sorgfältig erwogen werden sollten. Je größer der Anteil der von der Pflegeperson übernommenen Pflege am Gesamtpflegebedarf ist, desto geringer hat die Kürzung des Pflegegeldesauszufallen. In jedem Falle muss der pflegebedürftigen Person aber mindestens ein Drittel des Pflegegeldes verbleiben, soweit sie die Pflege (auch in geringem Umfang) teilweise sicherstellt. Daraus, dass sich die Minderung des Pflegegeldes nach § 63b Abs. 5 SGB XII nicht bereits aus dem Gesetz selbst ergibt, sondern es vielmehr im Rahmen des auszuübenden Ermessenseiner konstitutiven Entscheidung des Sozialhilfeträgers bedarf, schlussfolgert das BSG in seiner Entscheidung vom 25.04.2013 (noch für altes Recht), dass innerhalb des Bescheids über die Gewährung von Pflegeleistungen die Kürzung eine eigenständige Verfügung (§ 31 SGB X) darstellt. Anderes kann auch für die aktuelle Regelung nicht gelten, die insoweit keine Änderungen erfahren hat. Dies hat zur Folge, dass die Kürzung gesondert anfechtbar ist, aber auch der Streitgegenstand dahingehend beschränkt werden kann, dass die Kürzung nicht Gegenstand der Klage auf höheres Pflegegeld ist.
(Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl.,§ 63b SGB XII (Stand: 25.01.2021), Rn. 71)
 

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Anwendbarkeit des Kenntnisgrundsatzes (§ 18 SGB XII) für den Pflegeanteil der Leistung

Ist der Kenntnisgrundsatz (§ 18 SGB XII) für den Pflegeanteil der Leistung anwendbar oder gilt für beide das Antragserfordernis des § 108 SGB IX? Hier gibt es gerade bei Verlängerungsanträgen einige Probleme in der Praxis.



Antwort:

Anwendbarkeit des Kenntnisgrundsatzes (§ 18 SGB XII) für den Pflegeanteil der Leistung

Das Antragserfordernis des § 108 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bezieht sich nur auf Eingliederungshilfeleistungen. Für Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII gilt weiterhin der Kenntnisgrundsatz des § 18 Abs. 1 SGB XII.

Bei Verlängerungsanträgen ist zudem zu unterscheiden, ob es sich um reine Verlängerungsanträge oder um modifizierte Folgeanträge handelt. Stellt die leistungsberechtigte Person einen reinen Verlängerungsantrag, so ist dieser grundsätzlich nicht als Teilhabeleistungsantrag i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX zu werten, da die Verlängerung einer bestimmten Maßnahme regelmäßig keinen neuen Antrag voraussetzt, sondern von Amts wegen zu bewilligen ist, wenn das Teilhabeziel noch nicht erreicht wurde. Der Grundsatz der Leistungskontinuität verlangt bei Folgeanträgen, dass der leistende Rehabilitationsträger auch über die weiteren Bedarfe zu entscheiden hat.

Dafür spricht auch, dass die Gesetzesbegründung bei einem einmal durchgeführten Gesamtplanverfahren von einen fehlenden Antragserfordernis für die Fortschreibung und Weiterbewilligung ausgeht (Gutzler in: Hauck/Noftz, SGB, 01/20, § 108 SGB IX, Rn. 12).

Soweit daher in dem Gesamtplanverfahren ein Bedarf für Leistungen der Eingliederungshilfe ermittelt worden ist, ist nach § 108 Abs. 2 SGB IX ein Antrag für diese Leistungen nicht notwendig. Dies gilt nicht nur für das anfängliche Gesamtplanverfahren, sondern auch für das Verfahren zur Überprüfung und Fortschreibung des Gesamtplanes (Gutzler in: Hauck/Noftz, SGB, 01/20, § 108 SGB IX, Rn. 2).

Betraf der Erstantrag hingegen eine konkrete, abgrenzbare, nicht verlängerbare Teilhabeleistung und beantragt der Leistungsberechtigte nach der Erledigung des bewilligenden Verwaltungsaktes eine neue Teilhabeleistung, so ist das Zuständigkeitsklärungsverfahren nach § 14 SGB IX erneut durchzuführen.

§ 14 SGB IX ist auch auf einen Folge- bzw. Verlängerungsantrag anzuwenden, wenn bei der leistungsberechtigten Person zwar weiterhin unveränderter Teilhabebedarf besteht, sie aber seinen Aufenthaltsort so verändert hat, dass spezialgesetzlich eine Änderung der örtlichen Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers möglich erscheint.

Materialien

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