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BTHG-Kompass 4.3

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.3

Ungepoolte Leistungen auf Wunsch?

Ergibt sich für Anbieter besonderer Wohnformen die Verpflichtung, auf Wunsch von Leistungsberechtigten ungepoolte Leistungen anzubieten. Z.B. individuelle Freizeitgestaltung?



Antwort:

Eine Verpflichtung ergibt sich nur dann, wenn diese in der entsprechenden Leistungs- und Vergütungsvereinbarung zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer – auf Grundlage des Teilhabe- oder Gesamtplanes – verankert worden ist. Auch spontane Wünsche nach individueller Freizeitgestaltung müssen in den jeweiligen Vereinbarungen verankert werden, nur so kann die Bereitstellung des Personals gewährleistet werden.

Entscheidend ist die Leistungs- und VergütungsvereinbarungDownloads und Links

Inhalt und Rechtscharakter der Landesrahmenverträge nach § 131 SGB IX

Es wird in vielen Landesrahmenverträgen nicht darauf hingewiesen, dass es sich bei den Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen gemäß § 125 SGB IX um sog. öffentlich-rechtliche Verträge gemäß den §§ 53ff SGB X handelt. So bleibt konsequent unerwähnt, dass gemäß § 61 S. 2 SGB X ergänzend die Regelungen z. B. des Vertragsrechts nach dem BGB Anwendung finden. Besonders deutlich wird dieser Mangel im Falle von Leistungsstörungen. Es geht um die Frage, inwieweit das Leistungsstörungsrecht des BGB zumindest ergänzend angewendet werden kann oder muss.
Die auf der Basis der Landesrahmenverträge neu geschlossenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen enthalten deshalb auch keine spezielle Regelung über das Kürzungsrecht gemäß § 129 SGB IX. Es wird schlicht dessen Wortlaut wiederholt. Aber wie und in welchem Umfang gekürzt werden kann, bleibt offen. Viele Praktiker vermuten deshalb, dass das Kürzungsrecht ähnlich wie nach den Grundsätzen des § 79 SGB XII vorgenommen werden könnte. Dafür hat nicht zuletzt das Bundessozialgericht (BSG) einige Vorgaben judiziert. Es ergeben sich aber erhebliche Zweifel ob das BSG die bisher zu § 79 SGB XII entwickelten Grundsätze auch auf § 129 SGB IX anwenden wird, weil es immerhin in der Eingliederungshilfe nicht primär um Pflegeleistungen geht.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass das Leistungsstörungsrecht, das bei jeder Vertragsbeziehung in die Überlegungen einbezogen werden sollte, bewußt ausgeblendet wird. Stattdessen wird ein ziemlich konturenloses Kürzungsrecht mantraartig wiederholt. Die Landesrahmenverträge müssen in diesem Punkt konkreter werden.
 



Antwort:

Inhalt und Rechtscharakter der Landesrahmenverträge nach § 131 SGB IX

Die Inhalte der Landesrahmenverträge sind durch § 131 Abs. 1 Satz 2 und 4 SGB IX vorgegeben. Hierbei handelt es sich um eine abschließende Regelung (BT-Drs. 18/9522: 300).

Ein Hinweis im Landesrahmenvertrag, dass es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt, ist nicht vorgesehen, wäre aber grundsätzlich möglich. Ob dies auch notwendig ist, darf allerdings bezweifelt werden. § 131 SGB IX geht auf § 79 SGB XII zurück, der seinerseits auf § 93d BSHG zurückgeht. Rahmenverträge und Vereinbarungen gem. § 125 SGB IX zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern sind öffentlich-rechtliche Verträge gem. § 53 Abs. 1 SGB X.

Auslegung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages

Der Vorbehalt fehlender entgegenstehender Rechtsvorschriften in § 53 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X bedeutet, dass in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag neben den allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns (z.B. Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbotes), die stets zu beachten sind, auch zwingende Rechtsnormen i.S.d. § 134 BGB, die durch Vertrag weder ausgeschlossen noch umgangen werden dürfen, beachten werden müssen (KassKomm/Wehrhahn,116. EL September 2021, SGB X § 53 Rn. 12).

Neben dem vorgenannten Inhaltsverbot aus § 53 SGB X gelten gem. § 61 Satz 2 SGB X ergänzend die zivilrechtlichen Vorschriften aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Die Auslegung des Vertrages erfolgt daher wie im Privatrecht nach § 157 BGB. Danach sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist gemäß § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung hatte und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (KassKomm/Wehrhahn, 116. EL September 2021, SGB X §53 Rn. 8 mwN)

Höhe der Vergütungskürzung nach § 129 SGB IX

Der Bundesgesetzgeber verpflichtet den Träger der Eingliederungshilfe mit § 129 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die vereinbarte Vergütung zu kürzen, wenn der Leistungserbringer gegen gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen verstößt.

Kriterien für die Bestimmung des Kürzungsbetrages enthält das SGB IX nicht. Bei unzureichendem Personaleinsatz hält der Gesetzgeber eine Kürzung entsprechend der eingesparten Personalkosten für naheliegend (BT-Drs. 18/9522: 299).

Die Höhe der Kürzung soll gem. § 129 Abs. 1 Satz 2 SGB IX einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien erfolgen. Dadurch sollen rechtliche Auseinandersetzungen vermieden werden (BT-Drs. 18/9522: 299).

Soweit keine Einigung über die Kürzungshöhe erfolgt, kann gem. § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB IX jede Vertragspartei die Schiedsstelle anrufen, deren Entscheidung nach § 126 Abs. 2 Satz 3 SGB IX dann wiederum sozialgerichtlich überprüft werden kann.  

Ob eine - rechtlich mögliche - konkrete Vorgabe zur Kürzungshöhe in den Landesrahmenverträgen oder den Vereinbarungen nach § 125 SGB IX sinnvoll ist, kann hier nicht abschließend beurteilt werden. Im Zivilrecht sind Vertragsstrafenregelungen zwar üblich, aber oft nicht flexibel und decken häufig nicht alle Leistungsstörungen ab.  

Das vom Gesetzgeber für Kürzungshöhen nach § 129 SGB IX gewählte Verfahren

  1. Herstellung von Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien,
  2. Schiedsstellenverfahren,
  3. Klage vor dem Sozialgericht ohne vorangehendes Widerspruchsverfahren

erscheint - auch vor dem Hintergrund der Dauer sozialgerichtlicher Verfahren - als eine zielführende und keine Vertragspartei benachteiligende Vorgehensweise.

Anforderungen an eine Konzepterstellung

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin Leistungsanbieterin im ambulant betreuten Wohnenseit 2010 im Rheinland. Mit einer angestellten Ergänzungskraft zusammen betreueich 10 Personen mit psychischer Erkrankung oder einer Suchterkrankung. DieUmstellungen durch das BTHG waren für mich lange unklar, da die Informationendazu wenig konkret waren. Im Sommer letzten Jahres war ich als Unterstützungbei einer Prüfung durch den LVR bei einem anderen Leistungsanbieter anwesend.Danach habe ich mich im Selbststudium mit den Prüfungen und Anforderungen desLVRs beschäftigt. Ich bin dem FABA e.V. (Freie ambulante BeWo-Anbieter/innen)beigetreten und habe durch den Verein mehr Informationen zumLandesrahmenvertrag erhalten. Ich habe diesbezüglich auch Kontakt mit dem LVRaufgenommen ohne dort konkretere Informationen zu erhalten. Laut FABA e.V. gibtes für kleine Betriebe keine anderen Anforderungen als für große Träger. DasFachkonzept soll sich an den Anforderungen im Landesrahmenvertrag (mit Anlagenüber 200 Seiten) orientieren. Zusätzlich zur Konzepterstellung müssen unsereArbeitsabläufe alle dokumentiert werden um bei einer Prüfung Nachweise vorlegenzu können. Das ist bei der Verlaufsdokumentation selbstverständlich, aber ichhabe bisher keine Notwendigkeit darin gesehen Protokolle von Teamsitzungenanzufertigen, Schlüsselprozesse zu beschreiben, Einarbeitungskonzepte undFortbildungskonzepte zu schreiben, ein standardisiertes Beschwerdemanagementdurchzuführen oder Zufriedenheitsbefragungen bei meinen Klient*innen zu machen(diese können einfach direkt mit mir sprechen, wenn es Probleme gibt und dastun sie auch). Das führt dazu, dass der Verwaltungsaufwand immer weiter zunimmtund die Zeit für die Klient*innen weniger wird. Wie genau ich eineKostenkalkulation für die Verhandlungen mit dem LVR erstellen soll, weiß ichnicht. Ich habe keine Abteilung Qualitätsmanagement oder IT. Ich mache dasalles selbst. Wie soll ich dafür realistische Kosten benennen? Ich habe früherca. 30 % meiner Arbeit mit Overhead-Zeiten verbracht. Inzwischen liegt der Anteilmindestens bei 50 %. Wir produzieren eine große Menge an Papier, die abgeheftetwird, aber auf die Qualität der Arbeit nicht zwingend Einfluss nimmt. Bei derPrüfung war klar, was nicht dokumentiert ist, findet nicht statt. Ich bin auchder Meinung, dass Supervision und Fortbildungen wichtig sind, aber angesichtsdes Fachkräftemangels zeichnet sich hier eine ähnliche Entwicklung wie in derPflege ab: Immer mehr Dokumentationspflichten und immer weniger Zeit für dieeigentliche Arbeit. Hinzu kommt, dass es von Seiten des Kostenträgers kaumInformationen gibt, was genau auf die Leistungsanbieter*innen zukommt und wanndie Umstellung erfolgt. Fortbildungen zu dem Thema konnte ich auch nichtfinden. Hinzu kommt eine drohende Gewerbesteuerpflicht, die zu hohenRückforderungen bei einigen Kölner Leistungsanbieter*innen führt. Mir fälltkeine Berufsgruppe ein, die öffentliche Gelder bezieht, die Gewerbesteuerzahlen muss. Der LVR hat die Gewerbesteuer bei seiner Vergütung nichtberücksichtigt. Ich denke es werden viele selbständige Anbieter*innen aufhören. Aktuell gibt es schon zu wenige ambulante Kapazitäten im Umkreis. Das wird sichweiter verschärfen. Bei der unklaren Situation wird auch kaum jemand neueKapazitäten schaffen. Die Kapazitäten, die bei den freien Anbieter*innenwegfallen werden nicht alle neu bei den großen Trägern entstehen.Unternehmer*innen die aufgeben müssen, werden vermutlich den Bereich ganz verlassen.
Mit freundlichen Grüßen
C.H.
 



Antwort:

In dem Beitrag werden verschiedene Aspekte der Umsetzung des BTHG angesprochen, zu denen hier Stellung genommen wird. Diese betreffen vor allem den Arbeitsaufwand und den Informationsfluss.
So wird thematisiert, dass der Verwaltungsaufwand gestiegen sei und dies wird an dem Beispiel einzelner Anforderungen an die Organisation des Dienstes verdeutlicht(z.B. Dokumentation von Teamsitzungen). Dieses Beispiel aufgreifend: die Nachvollziehbarkeit und Nachhaltigkeit von Besprechungsergebnissen wird nachweislich erhöht, wenn eine Ergebnissicherung erfolgt ist. Nur so ist gewährleistet, dass belegt wird, dass Informationen weitergegeben wurden. Insofern ist ein Protokoll sinnvoll. Notwendig wird es dadurch, dass Teamsitzungen in der Finanzierung der Leistungen eingepreist sind – insofern müssen sie auch nachprüfbar durchgeführt werden.
Ähnliches gilt für ein Einarbeitungskonzept, Fortbildungskonzept usw.: nur wenn strukturiert und nachvollziehbar die Arbeits- und Vorgehensweise dargelegt und danach gearbeitet wird, sind die Voraussetzungen für eine qualitätsvolle Arbeit geschaffen.
Zur Frage des Informationsflusses: natürlich gehört es zu den Anforderungen, dass man sich als Leistungserbringerin mit den nicht mehr ganz so neuen gesetzlichen Anforderungen des BTHG (einschließlich des Landesrahmenvertrages) vertraut macht. Zwar enthält der LRV NRW tatsächlich rund 200 Seiten, allerdings kann man schnell feststellen, dass ganze Kapitel sich z.B. den Leistungen für Kinderund Jugendliche oder den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben widmet, die für eine Leistungserbringung im Rahmen der sozialen Teilhabe für erwachsene Menschen mit Behinderungen keine Bedeutung entfaltet.
Es ist sehr zu begrüßen, sich einem Leistungserbringerverband anzuschließen, schließlich können von dort aus auch zentrale Fortbildungsangebote oder die Beratung zu Fragestellungen rund um das BTHG und den LRV NRW in Anspruch genommen werden. Die Leistungserbringerverbände sind Partner bei der Aushandlung des LRV gewesen und gestalten über die Arbeit in der Gemeinsamen Kommission die Umsetzung auch fachkundig mit.
 

Anforderungen an eine Konzepterstellung

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