Ziel des Gesetzes ist ja die möglichst vollständige Modularisierung der Leistungen. Dies hätte aber zur Folge, dass beispielsweise für den Verkauf von Lebensmitteln (Gemeinschaftsküche) oder das Angebot von Transportdienstleistungen oder Wäscherei Umsatzsteuer anfallen würde. Die Leistung würde damit teurer als bisher, obwohl sie möglicherweise in höherem Maße „personenzentriert“ angeboten werden kann. Werden die Träger der Eingliederungshilfe dies beim Abschluss der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen berücksichtigen?
Antwort:Berücksichtigung der Umsatzsteuer in Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen
Ab dem 1. Januar 2020 gilt für Menschen mit Behinderungen, die in besonderen Wohnformen leben, dass sie die Kosten für ihre Verpflegung (Warenwert) aus ihrer Grundsicherung finanzieren. Leistungserbringer, die Verpflegungsleistungen, also auch die Zubereitung der Speisen, erbringen, müssten dafür die volle Umsatzsteuer von 19 Prozent abführen und entsprechende Beträge gegenüber den Leistungsberechtigten abrechnen.
Eine generelle Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe h UStG sei als Folge der Trennung von Fach- und existenzsichernden Leistungen nicht mehr möglich. Darüber hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in einem Schreiben vom 12. April 2019 informiert.
Auf die Kritik aus der Praxis, dass dies eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstelle, haben das BMAS, das Bundesministerium für Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) reagiert und die Problematik in einem gemeinsamen Termin mit Vertreterinnen und Vertretern von Leistungserbringern und Trägern der Eingliederungshilfe diskutiert. Über die Ergebnisse dieses Treffens informierte das BMAS die Bundesländer am 22. November 2019.
Das Schreiben enthält folgende Punkte:
- WBVG-Verträge könnten künftig umsatzsteuerrechtlich als Verträge besonderer Art angesehen werden und dementsprechend unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe h UStG fallen.
- Leistet ein Leistungerbringer auf Grundlage getrennter Verträge auch Verpflegungsleistungen, könnten die erzielten Umsätze als mit einer Einrichtung zur Pflege oder Betreuung eng verbundene Umsätze i.S. des § 4 Nr. 16 UStG gewertet werden und wären damit ebenfalls umsatzsteuerfrei.
Wesentliche Voraussetzung für eine solche steuerrechtliche Einschätzung ist, dass das Entgelt für Verpflegung nur den reinen Wareneinsatz enthält, während die Kosten für die Zubereitung der Speisen den Pflege- und Betreuungsleistungen zugeordnet sind und damit als Fachleistung vom Träger der Eingliederungshilfe finanziert werden.
Das BMAS informiert darüber, dass es eine zeitnahe Abstimmung zwischen BMF und den obersten Finanzbehörden der Länder zu dieser Rechtsauffassung gebe. Sollte dies erst nach dem Jahreswechsel 2020 möglich sein, erwäge das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung, um Rechtssicherheit für Leistungserbringer und -berechtigte zu gewährleisten.
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