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BTHG-Kompass 2.7

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 2.7

Beurteilung der Leistungen an Kinder und Jugendliche in ehemaligen stationären Einrichtungen

Wie beurteilt man die Leistungen an Kinder und Jugendlichen in ehemaligen stationären Einrichtungen (Wohnheime für behinderte Kinder und Jugendliche; keine Internate)? Handelt es sich um Leistungen der Sozialen Teilhabe, die einkommens- und vermögensabhängig sind? Anhand welcher Rechtsgrundlage berechnet man die häusliche Ersparnis in diesen Fällen, nach § 142 SGB IX (Leistungen der sozialen Teilhabe über Tag und Nacht sind meiner Meinung nach davon nicht erfasst) oder kommt hier der § 92 SGB XII zur Anwendung?



Antwort:

Beurteilung der Leistungen an Kinder und Jugendliche in ehemaligen stationären Einrichtungen

1. Wie beurteilt man die Leistungen an Kinder und Jugendlichen in ehemaligen stationären Einrichtungen (Wohnheime für behinderte Kinder und Jugendliche; keine Internate)?

Eine Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und Kinder- und Jugendhilfe erfolgt über § 10 SGB VIII. Danach gehen grundsätzlich die Leistungen nach dem SGB VIII denen des SGB IX vor (vgl. § 10 Absatz 4 Satz 1 SGB VIII). Eine Ausnahme besteht aber nach § 10 Absatz 4 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII bei Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX, wenn es sich um einen jungen Menschen, also unter 27 Jahren, handelt, der körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht ist. In diesem Fall gehen die Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX den Leistungen des SGB VIII vor.

Leistungen in Wohnheimen für Kinder und Jugendliche können sowohl Hilfen zur Erziehung in Form von Heimerziehung oder in einer sonstigen betreuten Wohnform gem. §§ 27, 34 SGB VIII sein als auch Eingliederungshilfeleistungen gem. § 35 a Abs. 2 Ziff. 4 SGB VIII oder § 113 ff. SGB IX

Je nach Zielsetzung erfasst der Heimbegriff bei den Hilfen zur Erziehung unterschiedliche Settings wie Wohngruppen, Familiengruppen, Erziehungsstellen, Kleinstheime oder auch Jugendwohngemeinschaften. Der Begriff der sonstigen betreuten Wohnform wird als Sammelbegriff für alle Wohnformen genutzt, die sich aus der klassischen Heimerziehung oder aus sonstigen Wohnformen entwickelt haben. Dazu zählen beispielsweise betreute Wohngemeinschaften, betreutes Einzelwohnen oder Kinder- und Jugenddörfer. Die sonstige betreute Wohnform unterscheidet sich von der Heimerziehung im Wesentlichen durch ihre Zielsetzung. Während Heimerziehung in der Regel auf die Rückführung in die Herkunfts- oder in eine andere Familie gerichtet ist, dient das betreute Wohnen vorrangig dem Ziel der Verselbständigung.

Das Verhältnis der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII zur Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII ist in der Rechtsprechung umstritten. Zum Teil wird vertreten, dass bei einem Kind, dem bereits Hilfe zur Erziehung gewährt wird und bei dem sich ein zusätzlicher Bedarf aufgrund einer seelischen Behinderung ergibt, zunächst zu prüfen sei, ob dieser zusätzliche Bedarf mit der Hilfe zur Erziehung gedeckt werden könne. Dieses sei dann möglich, wenn sich der zusätzliche Bedarf als Annex zu dem bisherigen Hilfebedarf darstelle und von den Hilfearten nach den §§ 27-35 SGB VIII abgedeckt werde. Reiche die Hilfe zur Erziehung jedoch nicht aus, um den Bedarf zu decken, müsse ergänzend Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII gewährt werden. Wenn sich erzieherischer und behinderungsspezifischer Bedarf eindeutig voneinander trennen lassen, dann ist eine Kombination beider Hilfen immer möglich. Diese Folge entspricht der grundsätzlichen Regelung in § 35a Abs. 4 SGB VIII, wonach die Eingliederungshilfe nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zu den Hilfen zur Erziehung steht (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten v. 23.04.2018 - SN_2018_0042 Bm, JAmt 2018, 204, 205).

Nach anderer Auffassung wird ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung dann abgelehnt, wenn ein erzieherischer Bedarf an einer vollstationären Unterbringung später eine vollstationäre Unterbringung in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII (aF, seit 1.1.2020 § 90 ff SGB IX) erfordere. In diesen Fällen ende die Hilfe zur Erziehung in der Form der Vollzeitpflege nach den §§ 27, 33 SGB VIII und es entstehe ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII.

Da das Zuständigkeitsverfahren des § 14 SGB IX gilt, muss, wenn der erstangegangene Reha-Träger den Antrag fristgerecht an einen zweiten Reha-Träger weitergeleitet hat, letzterer über den Antrag entscheiden, wenn nicht mit Zustimmung eines dritten Reha-Trägers der Antrag dann an diesen fristgerecht weitergeleitet werden kann.

Es gilt allerdings auch das Nachrangigkeitsprinzip für die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX. Danach bleiben Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, unberührt. Nach § 91 Absatz 1 Satz 2 SGB IX dürfen Leistungen anderer nicht deshalb versagt werden, weil die Eingliederungshilfe des SGB IX entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

Im Ergebnis können bei Kindern und Jugendlichen beide Leistungen in Betracht kommen, wobei zunächst die Zielsetzung der Maßnahme maßgeblich ist. Aufgrund der Tatsache, dass der Jugendhilfeträger auch Reha-Träger gem. § 6 Abs. 1 Ziff. 6 SGB IX ist, findet das Zuständigkeitsklärungsverfahren des § 14 SGB IX Anwendung.

2. Handelt es sich um Leistungen der Sozialen Teilhabe, die einkommens- und vermögensabhängig sind?

Es handelt sich um Leistungen der sozialen Teilhabe in Form von Assistenzleistungen nach § 35 a Abs. 3 i.V.m. §§ 113 Abs. 2 Ziff. 2. SGB IX oder um Assistenzleistungen direkt nach §§ 113 Abs. 2 Ziff. 2 SGB IX. Wegen der näheren Ausgestaltung der Assistenzleistung verweist § 113 Absatz 3 SGB IX dann auf § 78 SGB IX. Die Leistung ist nicht beitragsfrei (näheres unter Ziff.3). Vermögen ist einzusetzen, soweit es verwertbar ist, nicht ausnahmsweise nach § 90 Abs. 2 Ziff. 1.8 SGB XII nicht eingesetzt werden muss oder den Freibetrag von 57.330 Euro gem. § 139 Satz 2, 2. Hs. SGB IX nicht überschreitet.

3. Anhand welcher Rechtsgrundlage berechnet man die häusliche Ersparnis in diesen Fällen, nach § 142 SGB IX (Leistungen der sozialen Teilhabe über Tag und Nacht sind meiner Meinung nach davon nicht erfasst) oder kommt hier der § 92 SGB XII zur Anwendung?

§ 142 Abs. 1 SGB IX gilt nicht für Leistungen der sozialen Teilhabe, eine Beitragspflicht besteht daher grundsätzlich nach § 137 SGB IX. Eine Ausnahme besteht bei Leistungen der Sozialen Teilhabe nur, wenn diese noch nicht eingeschulten Leistungsberechtigten die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen sollen (vgl. § 138 Abs. 2 Nr. 7). Dann besteht keine Beitragspflicht.

Die Beschränkung des Einkommenseinsatzes auf die häusliche Ersparnis gem. § 92 SGB XII findet keine Anwendung bei der Sozialen Teilhabe.

Die Kostenbeiträge für Hilfen zur Erziehung in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform gem. § 34 SGB VII richten sich nach § 91 Absatz 1 Ziff. 5 Lit. b) SGB VIII. Nach § 92 Absatz 5 Satz 1 SGB VIII soll von der Heranziehung im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Zudem kann nach § 92 Absatz 5 Satz 2 SGB VIII von der Heranziehung abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.

Downloads und Links

Medizinische Rehabilitation

Medizinische Rehabilitation als Leistungsgruppe in der Eingliederungshilfe unterliegt dem Nachrangprinzip des § 2 SGB XII bzw. § 91 SGB IX (ab 01.01.2020). Leistungsvoraussetzungen und Umfang der Leistung werfen gleichwohl immer wieder Fragen auf.

Teilhabeplan bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Gemäß § 42 Abs. 2 SGB IX gibt es einen sehr umfangreichen Katalog an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Muss im Falle des Zusammentreffens von Eingliederungshilfe und z.B. einer Verordnung von Arznei- und Verbandsmittel, einer Behandlungspflege in Form von Medikamentengabe, einer Facharztbehandlung, Zahnbehandlung etc. zwingend ein Teilhabe- anstatt eines u.U. ausreichenden Gesamtplans erstellt werden? Falls ja, ist es dann notwendig, dass alle SGB V-Leistungen erhoben und dokumentiert werden?



Antwort:

Der Teilhabeplan ist immer dann zu erstellen, wenn Leistungen mehrerer Rehabilitationsträger oder verschiedener Leistungsgruppen gemäß § 5 SGB IX erforderlich sind (§ 19 SGB IX). Er ist also beispielsweise zu erstellen, wenn in einem Fall Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur sozialen Teilhabe zu erbringen sind. In einem Fall, in dem der Träger der Eingliederungshilfe lediglich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt, müsste kein Teilhabeplan erstellt werden, sondern der Gesamtplan wäre ausreichend.

Im Teilhabeplan sind nicht alle Leistungen aufzuführen, sondern nur die zur Erreichung der individuellen Teilhabeziele voraussichtlich erforderlichen Leistungen. Die BAR schreibt in ihrer Gemeinsamen Empfehlung Reha-Prozess hierzu:

„Im Teilhabeplan werden die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen so zusammengefasst, dass sie nahtlos ineinandergreifen. Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass geeignete Leistungen ausgewählt, in eine zeitliche Reihenfolge gebracht und inhaltlich verknüpft werden. Die Leistungen sind so aufeinander auszurichten, dass das gesamte Verfahren bis zur Erreichung der Ziele der Teilhabeplanung nahtlos, zügig, wirksam und wirtschaftlich abläuft“ (BAR 2019: 53).

Gemäß BAR enthält der Teilhabeplan Angaben zu „Ziel, Art, Umfang und inhaltliche Ausgestaltung der vorgesehenen Leistungen“ (ebd.: 54) sowie zu „voraussichtlichem Beginn und Dauer der vorgesehenen Leistungen sowie dem Ort ihrer Durchführung“ (ebd.).

Literatur:

BAR (2019): Reha-Prozess. Gemeinsame Empfehlung. In: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/w/files/links-und-downloads/gereha-prozess.pdf (18.04.2019).

Teilhabeplan bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
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