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Fachbeitrag von Dr. Harry Fuchs im Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht: Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs - Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes (November 2017)

Fachbeitrag von Dr. Harry Fuchs im Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht: Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs - Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes (November 2017)

4. Mindestanforderungen an die Instrumente

4.1 Anforderungen des Gesetzgebers

§ 13 Abs. 2 SGB IX gibt die Mindestanforderung für den Einsatzbereich der Instrumente vor, die unabhängig davon zu erfüllen sind, welcher Träger seine Instrumente mit welchen Inhalten ausgestaltet. Danach müssen die von den Trägern für die Durchführung des für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzes gestalteten systematischen Arbeitsprozesse und standardisierten Arbeitsmittel unabdingbar die in dieser Regelung geforderten, im Rahmen der Bedarfsermittlung zu treffenden Feststellungen ausweisen und dokumentieren.

Obwohl diese Regelung von zentraler Bedeutung nicht nur für die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs, sondern weit darüber hinausgehend auch für die Entscheidung über eine den festgestellten Bedarf wirksam deckende Leistung, damit wiederum für die Gestaltung von Gegenstand, Umfang sowie Ausführung der Leistungen (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) und letztlich auch für die Überprüfung der Wirksamkeit der Leistungen (u. a. §§ 37, 128 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) ist, bleibt die Begründung des Gesetzes bemerkenswert einsilbig. Sie stellt lediglich klar, dass die Träger über die in der Bestimmung genannten Einsatzbereiche hinaus auch noch weitere Einsatzbereiche vorsehen können, wenn sie dies nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen für zweckmäßig erachten, wie z. B. für die Beobachtung der Leistungserbringung und die Wirkungskontrolle der erbrachten Leistungen15.

Der Gesetzgeber gibt vor, dass die Instrumente eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung gewährleisten und die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung sichern, indem sie insbesondere erfassen,

  1. ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht,
  2. welche Auswirkung die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat,
  3. welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen und
  4. welche Leistungen im Rahmen einer Prognose zur Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind.

4.2 Entwicklungen zur Umsetzung

Soweit die Vorbereitungen zur Durchführung des § 13 SGB IX öffentlich nachvollziehbar sind, ist derzeit der mit dieser Regelung beabsichtigte trägerübergreifende Ansatz im Sinne einer „einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung“ nicht zu erkennen. Bei den Trägern der Sozialhilfe wird der Teil 1 des SGB IX – und damit § 13 SGB IX – kaum mehr in den Blick genommen als bisher. Bei den Sozialversicherungsträgern dominiert unverändert der Blick auf das eigene Leistungsgesetz.

Die Entwicklung wird auch dadurch irritiert, dass in § 118 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zwingend vorgegeben ist, dass die Ermittlung des individuellen Bedarfs in der Eingliederungshilfe durch ein Instrument erfolgen muss, das sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren muss. Da diese Regelung im Zusammenhang mit dem neuen Gesamtplanverfahren bereits am 1.1.2018 in Kraft tritt, ist die Diskussion – soweit es denn eine partizipative unter Beteiligung aller berührten Akteure überhaupt gibt – auch dadurch geprägt, bis Ende des Jahres irgendwie ein dem Gesetz gerecht werdendes Instrument praxisreif zu machen. Dass dabei im Wesentlichen eine eher begrenzte Modifizierung der bisherigen Hilfeplanverfahren als ausreichend angenommen wird, liegt auf der Hand.

Demgegenüber ist bei den Trägern außerhalb der Eingliederungshilfe keine gravierende Diskussion zur Anpassung der in der Praxis eingesetzten Bedarfsfeststellungsverfahren wahrnehmbar. Dass der Gesetzgeber für diese Träger nicht ebenfalls die Verpflichtung zur ICF-Orientierung – vergleichbar der Regelung in § 118 SGB IX – unmittelbar im Wortlaut des § 13 SGB IX verankert hat, ist nach der Begründung darauf zurückzuführen, dass aus dem Abschlussbericht zu dem vom BMAS geförderten Projekt „Prüfung von aktuellem Stand und Potenzial der Bedarfsermittlung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Berücksichtigung der ICF“ (Morfeld u. a., 2014) hervorgeht, dass die Rehabilitationsträger bislang eine Vielzahl von Methoden zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs entwickelt haben und der im Rahmen des Projekts untersuchte Nutzungsgrad der ICF unterschiedlich ausgeprägt ist.

Ob und inwieweit auch im Wortlaut weiterer Leistungsgesetze eine Orientierung an der ICF in Betracht kommt, soll durch eine wissenschaftliche Untersuchung bis Ende 2019 geklärt werden, die das BMAS nach § 13 Abs. 3 SGB IX in Auftrag geben wird.

Unabhängig davon hat aber bereits auch das SGB IX in der Fassung vom 01.07.2001 eine Orientierung der Bedarfsermittlung an der ICF vorgegeben, die auch nach Inkrafttreten des BTHG ab 01.01.2018 fortbesteht, da die bisherige Regelung (§ 10 SGB IX, „individuelle funktionsbezogene Feststellung“ des Bedarfs) auch in der Neufassung (verkürzt) in § 13 Abs. 2 SGB IX und (wortgleich) in § 19 Abs. 1 SGB IX (Teilhabeplan) weiterhin vorhanden ist. Zudem haben die Träger untergesetzlich bereits auf dieser Grundlage auf der Ebene der BAR gerade erst die „Gemeinsame Empfehlung Begutachtung“ nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX neu gefasst und an der ICF orientiert ab 01.12.2016 in Kraft gesetzt. Deshalb wird außerhalb der Eingliederungshilfe nach dem derzeitigen Diskussionsstand lediglich der Bedarf für eine ergänzende Handlungshilfe zu dieser gemeinsamen Empfehlung gesehen, mit der auch die Anpassung an § 13 Abs.  2 SGB IX vollzogen werden kann.

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