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BTHG-Kompass 3.5

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 3.5

Leistungsvoraussetzungen des § 35 a SGB VIII

Muss eine Leistung nach § 35a SGB VIII vorliegen, damit eine Gewährung einer Leistung nach SGB IX infrage kommt?



Antwort:

Leistungsvoraussetzungen des § 35 a SGB VIII

Die Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe enthält das jeweilige Leistungsgesetz (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Das Leistungsgesetz des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ist das SGB VIII. Der Leistungskatalog der Leistungen zur Teilhabe ist zentral in Teil 1 SGB IX für alle Rehabilitationsbereiche geregelt, soweit die Rehabilitationsträger abweichende Leistungen erbringen, werden diese in den jeweiligen Leistungsgesetzen geregelt (BT-Drs. 18/9522, 192). Dies ergibt sich auch aus § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IX, wonach die Vorschriften in Teil 1 SGB IX für die Leistungen zur Teilhabe gelten, soweit sich aus den Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. In § 35a Abs. 3 SGB VIII ist ein abweichender Verweis auf den Leistungskatalog der Eingliederungshilfe in Teil 2 SGB IX enthalten. Dieser Verweis gilt auch im Rahmen der Eingliederungshilfe für junge Volljährige nach § 41 Abs. 2 VIII. Die anderen Leistungsvorschriften des SGB VIII verweisen nicht auf das SGB IX (vgl. z.B. § 27 Abs. 2 S. 1 SGB VIII: „Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt“). Im Rahmen des SGB VIII können Leistungen zur Teilhabe im Sinne des SGB IX lediglich als Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung nach § 35a SGB VIII oder als Eingliederungshilfe für junge Volljährige mit seelischer Behinderung nach §§ 41, 35a SGB VIII erbracht werden.

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Abgrenzung Elternassistenz und Sozialpädagogische Familienhilfe, Hilfen zur Erziehung

Uns (Eingliederungshilfe) erreichen viele Anträge seitens des ansässigen Jugendamtes auf Elternassistenz für Eltern mit geistiger und/oder seelischer Behinderung. Das Jugendamt leistet in diesen Fällen bereits SPFH oder andere HzE. Im Rahmen dieser Anträge soll die HzE (Jugendhilfe) eingestellt werden und Elternassistenz durch die Eingliederungshilfe gewährt werden. Können Sie zu dieser Schnittstelle etwas sagen?



Antwort:

Abgrenzung Elternassistenz und Sozialpädagogische Familienhilfe, Hilfen zur Erziehung

1. Prüfung Leistungskongruenz:

Eine mögliche Leistungskollision ist nach § 10 SGB VIII aufzulösen. Anwendungsvoraussetzungen des § 10 SGB VIII sind, dass bei beiden infrage stehenden Leistungen die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind und beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (vgl. beispielhaft: BVerwG 19.10.2011 − 5 C 6/11). In der vorliegenden Situation ist demnach im Einzelfall zu fragen, ob die Leistungsvoraussetzungen der Hilfe zur Erziehung überhaupt noch erfüllt sind. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sich die sachliche Zuständigkeit der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX ergeben, ohne dass es zur Anwendung von § 10 SGB VIII kommt, da in diesem Fall nicht bei beiden Leistungen ein Leistungsanspruch besteht. Sind die Leistungsvoraussetzungen der Hilfe zur Erziehung und der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX erfüllt, ist im nächsten Schritt zu fragen, welche Leistungsformen kongruent sind.

2. Reformstufe 3 des BTHG:

Mit der Reformstufe 3 des BTHG wurden Assistenzleistungen erstmals im Leistungskatalog der Eingliederungshilfe explizit geregelt. Zuvor wurden Assistenzleistungen im Rahmen des offenen Leistungskatalogs nach § 55 SGB IX a.F. gewährt. Assistenzleistungen umfassen auch Leistungen an Mütter und Väter mit Behinderungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder (§§ 113 Abs. 3, 78 Abs. 3 SGB IX). Der Gesetzgeber benennt hierbei zwei Kategorien: Elternassistenz und begleitete Elternschaft (BT-Drs. 18/9522, 263). Bei der Elternassistenz handelt es sich um einfache Assistenzleistungen für Eltern mit körperlichen oder Sinnesbehinderungen (BT-Drs. 18/9522, 263). Einfache Assistenzleistungen umfassen die vollständige oder teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie Begleitung der Leistungsberechtigten (§ 78 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB IX). Begleitete Elternschaft hingegen ist ein Fall der qualifizierten Assistenz und umfasst die pädagogische Anleitung, Beratung und Begleitung zur Wahrnehmung der Elternrolle (BT-Drs. 18/9522, 263). Insofern sind die Befähigung der Leistungsberechtigten zu einer eigenständigen Alltagsbewältigung umfasst (§ 78 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB IX). Leistungsempfänger sind in diesem Bereich auf Grund der Personenzentrierung der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX vornehmlich die Eltern und mittelbar das Kind.

3. Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH)

Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) ist geregelt in § 31 SGB VIII. Sie soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben (§ 31 S. 1 SGB VIII). Demnach ist SPFH als Hilfe zur Selbsthilfe zu qualifizieren und zielt auf die Stärkung von Problemlösungskompetenzen bei Erziehungsschwierigkeiten (Berneiser in Gesamtkommentar SRB, SGB VIII § 31 Rn. 1). Sie nimmt die gesamte Familie in den Fokus, insofern ist die gesamte Familie auch Leistungsempfänger.

SPFH hat einen weitergehenden Ansatz als Elternassistenz. Elternassistenz gibt Hilfestellung bei der Verrichtung alltäglich anfallender Aufgaben bzw. übernimmt diese Aufgaben vollständig, während SPFH auf Hilfe zur Selbsthilfe abzielt und eher begleitenden Charakter hat. Insoweit besteht keine Leistungskongruenz und es kommt nicht zur Anwendung der Kollisionsregeln des § 10 SGB VIII. Allein der festgestellte Bedarf im Einzelfall ergibt dabei die notwendige Leistung. Soweit eine SPFH gewährt wurde und sich die erzieherische Situation stabilisiert, kann im Einzelfall ein Wechsel zur Elternassistenz angezeigt sein.

SPFH und begleitete Elternschaft haben einen großen Überschneidungsbereich, da beide vorrangig anleitenden und beratenden Charakter haben. Demnach könnte von Leistungskongruenz ausgegangen werden (a.A. DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2020, 452; vgl. zur alten Rechtslage auch differenzierend: Wiesner SGB VIII § 10 Rn. 38e ff.). Die Leistungen nach dem SGB VIII gehen im Grundsatz den Leistungen nach dem SGB IX und XII vor (§ 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII). Abweichend davon gehen Leistungen der Eingliederungshilfe (Teil 2 SGB IX) für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach SGB VIII vor (§ 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII). Junge Menschen in diesem Sinne sind Personen die noch nicht 27 Jahre alt sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII). Der Vorrang des SGB IX nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII greift nur bei Personen mit körperlicher oder geistiger Behinderung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Ansonsten wäre SPFH nach §§ 27, 31 SGB VIII vorrangig nach § 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII. Nach diesen Vorgaben richtet sich die Zulässigkeit des Zuständigkeitsübergangs.

Letztlich sind auch noch Konstellationen denkbar, in denen es zu einer Doppelzuständigkeit kommt. Beispielhaft könnte das Kind eines Menschen mit Behinderung in einer Hilfe zur Erziehung in der stationären Form untergebracht sein (wenn das Kind selbst keine Behinderung hat) und zur Unterstützung des Menschen mit Behinderung wird während des Aufenthalts des Kindes im elterlichen Haushalt eine Elternassistenz erforderlich.

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Zuständigkeit bei geistig- oder körperlicher Behinderung eines Kindes

Wie ist die Zuständigkeit SGB IX/SGB VIII geregelt, wenn ein geistig oder körperlich behindertes Kind aufgrund erzieherischer/pädagogischer Bedarfe in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht wird?



Antwort:

Zuständigkeit bei geistig- oder körperlicher Behinderung eines Kindes

Die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit körperlicher oder geistiger Behinderung wegen erzieherischer/pädagogischer Bedarfe in Form der Hilfe zur Erziehung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe scheidet auf Grund des Nachrangs des SGB VIII nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII aus. Dies gilt jedoch nur, wenn die Hilfe tatsächlich realisierbar ist, ansonsten muss der Träger der öffentlichen Jugendhilfe als Ausfallbürge eingreifen und sich über die Kostenerstattung schadlos halten (Kepert in LPK-SGB VIII, § 10 Rn. 7; Schönecker/Meysen in FK-SGB VIII, § 10 Rn. 2; DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2018, 333; so auch BVerwG 18.10.2012 - 5 C 21/11 zum Vorrang der Schule). Zum Vorrang der Eingliederungshilfe für junge Menschen nach dem SGB IX grundlegend:

I. Anwendungsvoraussetzungen des § 10 SGB VIII

Für die Abgrenzung der Leistungen des SGB VIII zu Leistungen anderer Teile des Sozialgesetzbuchs enthält § 10 SGB VIII die Kollisionsregeln. Zum Eingreifen des § 10 SGB VIII muss bei beiden infrage stehenden Leistungen ein Leistungsanspruch bestehen (d.h. die Leistungsvoraussetzungen aus unterschiedlichen Teilen des SGB müssen erfüllt sein) und es muss zwischen den Leistungsformen Kongruenz bestehen (vgl grundlegend: BVerwG 23.09.1999 – 5 C 26/98). Leistungskongruenz ist nach einer vielzitierten Formel des BVerwG (welche auch die sozialgerichtliche Rechtsprechung übernommen hat) anzunehmen, wenn beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (vgl beispielhaft: BVerwG 19.10.2011 − 5 C 6/11). Dafür stellt das Gesetz nicht auf einen Schwerpunkt in Bezug auf eine der beiden Hilfeleistungen ab, sondern allein auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen (BVerwG 23.09.1999 - 5 C 26/98). Bei der vorliegenden Anfrage ist davon auszugehen, dass sowohl ein Leistungsanspruch auf Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII als auch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB IX besteht. Die Leistungsberechtigung spielt für diese Prüfung keine Rolle, es kommt allein darauf an, dass der Leistungsempfänger dieselbe Person ist (BVerwG 19.10.2011 – 5 C 6/11). Bei beiden Leistungsformen ist der Leistungsempfänger identisch. Insofern bedarf es im konkreten Fall eines abstrakten Vergleichs der beiden Leistungsformen. Dies ist eine Frage des Einzelfalls, wobei hier von Leistungskongruenz ausgegangen wird (vgl. BVerwG 23.09.1999 - 5 C 26/98; 09.02.2012 - 5 C 3.11). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, löst § 10 SGB VIII die Konkurrenz auf.

II. Auflösung der Konkurrenz

Die Leistungen nach dem SGB VIII gehen im Grundsatz den Leistungen nach dem SGB IX und XII vor (§ 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII). Abweichend davon gehen Leistungen der Eingliederungshilfe (Teil 2 SGB IX) für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach SGB VIII vor (§ 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII). Junge Menschen in diesem Sinne sind Personen die noch nicht 27 Jahre alt sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII). Der klare Wortlaut macht deutlich, dass sich § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII auf sämtliche Leistungen des SGB VIII iSd § 2 Abs. 2 SGB VIII bezieht (DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2020, 154, 155). Insofern wäre die stationäre Unterbringung über Teil 2 SGB IX vorrangig.

Nach Auffassung des Verfassers liegt der Anfrage der Sachverhalt zu Grunde, dass ein Kind oder Jugendlicher mit körperlicher oder geistiger Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX in einer Jugendhilfeeinrichtung stationär untergebracht wird. In dieser Situation wäre der Träger der Eingliederungshilfe grundsätzlich für Leistungsgewährung zuständig, gleichfalls für etwaige Zusatzleistungen (z.B. besondere Therapieformen). Allerdings kann auch eine Doppelzuständigkeit infrage kommen, wenn z.B. die Personensorgeberechtigten Hilfe zur Erziehung in Form der Erziehungsberatung (§§ 27, 28 SGB VIII) zusätzlich in Anspruch nehmen.

Durch eine Konkretisierung der Anfrage könnte eine weitergehende Befassung erfolgen.

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